Eine Route der Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Im Gründungsjahr 2007 hatte der HHE e.V. sein Projekt zur Reaktivierung zweier Eisenbahnstreckenabschnitte für einen bahnhistorischen und Ausflugs-Verkehr konzeptionell erstellt. Weiterführende Überlegungen gab es ein Jahr später, dieses regionale Projekt in einen überregionalen und vernetzenden touristischen Kontext zu stellen, das Eiserne Band.
Es wird als eine touristische Route der Industriekultur zu den Themenschwerpunkten Bergbau und Transport entwickelt. Das Eiserne Band führt von der Stadt Halle/Saale bis zum Brocken und verbindet die 2003 vom Wirtschaftsministerium des Landes Sachsen-Anhalt definierten Routen Mitteldeutsche Innovationsregion und Historische Bergbau- und Hüttenregion Harz. Das Band setzt sich aus sieben geschichtlich bedeutsamen Eisenbahnen mit drei unterschiedlichen Spurweiten zusammen:
- Halle-Hettstedter Eisenbahn (1435mm)
- Mansfelder Bergwerksbahn (750mm)
- Wipperliese – Kreisbahn Mansfelder Land (1435mm)
- Rübelandbahn (1435mm)
- Selketalbahn (1000mm)
- Harzquerbahn (1000mm)
- Brockenbahn (1000mm)
In dem von den Eisenbahnen lange Zeit beeinflusstem Umfeld finden sich noch heute zahlreiche Zeugnisse der Industrie- und Bergbaugeschichte.
Darüber hinaus soll diese industrietouristische Route mit den Themen Kunst, Kultur, Natur, Gastronomie und Beherbergung erweitert werden.
Halle-Hettstedter Eisenbahn
Die regelspurige Halle-Hettstedter Eisenbahn (HHE) wurde 1896 nach dem preußischen Kleinbahngesetz als Solche eröffnet und führte auf einer Länge von 44,6 km von der Stadt Halle(Saale) nach Hettstedt. 1897 verschmolz sie mit der Halleschen Hafenbahn, dazu kam die Industriebahn mit einer Spurweite von 1000 mm, die Firmen im Stadtgebiet von Halle bediente. Eine Zweigstrecke führte von Gerbstedt nach Friedeburg an der Saale.
Betrieben wurde die HHE von der Firma Lenz & Co, sie war nach der Riesengebirgsbahn in Schlesien die profitabelste Kleinbahn in Deutschland. In ihrem Bestand befanden sich 1932 44 Personenwagen, 288 Güterwagen und 16 Rollböcke. Nach Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn 1949 gehörten 16 Dampfloks zum Bestand. Im Jahre 2002 wurden die letzten beiden Streckenabschnitte Halle-Nietleben – Halle-Dölau und Hettstedt – Gerbstedt stillgelegt. Fünf Jahre später gründete sich der Verein Freunde der Halle-Hettstedter Eisenbahn e.V. mit dem Ziel, Streckenabschnitte im Rahmen eines kulturellen Vernetzungsprojektes zu reaktivieren. 2017 konnte nach seiner Instandsetzung der erste Abschnitt Heidebahnhof – Bf Dölau gemeinsam mit Verkehrsminister Webel wiedereröffnet werden.
Mansfelder Bergwerksbahn
Nach der deutschen Reichsgründug 1871 war die Menge an gefördertem Kupfererz derart angestiegen, dass Alternativen zu dem bisher mittels Pferdefuhrwerken erfolgten Transports zu den weiterverarbeitenden Hütten geschaffen werden mussten. Deshalb entschloss man sich, eine so genannte Lokomotiv-Förderbahn zu bauen. Am 15. November 1880 wurde die Mansfelder Bergwerksbahn mit einer Spurweite von 750 mm eröffnet, um u.a. das geförderte Erz von den Förderschächten zu den Hütten zu transportieren. Dazu kam kurze Zeit später der Personentransport für die Beschäftigten. 1906 belief sich der Bestand auf 26 Lokomotiven, 705 Güterwagen und 30 Personenwagen. Bis 1924 wuchs das Streckennetz auf 94 km. In Spitzenzeiten verkehrten bis zu 52 Personenzüge pro Tag. Mit der Liquidierung des VEB Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck Eisleben 1990 endete der Regelbetrieb der Bergwerksbahn.
1991 gründete sich der Verein Mansfelder Bergwerksbahn e.V. (MBB e.V.) und betreibt die älteste in Betrieb befindliche Schmalspurbahn Deutschlands auf einer Streckenlänge von 11,8 km als Museumsbahn.
Wippertalbahn
Die Wippertalbahn, im Volksmund Wipperliese genannt, wurde 1920 durch die Deutsche Reichsbahngesellschaft eröffnet. Die 20 km lange Bahnstrecke führt von Klostermansfeld, wo ein Übergang zur Mansfelder Bergwerksbahn besteht, durchs wildromantische Wippertal nach Wippra. Sie diente bereits damals vorrangig dem Tourismusverkehr, aber auch Berufs- und Schülerverkehr spielten eine große Rolle. Bedeutende Kunstbauten sind der Mansfelder Viadukt und der Rammelburger Tunnel.
1996 übernahm die Kreisbahn Mansfelder Land GmbH (KML) im Auftrag der Deutschen Bahn AG die Betriebsführung. Zunächst konnten die Fahrgastzahlen deutlich gesteigert werden, fielen jedoch bis 2013 um mehr als die Hälfte. Dies nahm die Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt zum Anlass, den Verkehr abzubestellen. Daraufhin schrieb 2014 die DB AG die Strecke zur Abgabe aus. Am 1. Juli 2016 übernahm der Verein Mansfelder Bergwerksbahn e.V. die Betriebsführung. Den Verkehr führt nach wie vor die Kreisbahn Mansfelder Land GmbH durch. Eingesetzt werden vorrangig modernisierte Esslinger Triebwagen. Zu bestimmten Anlässen gibt es Dampfbetrieb mit historischen Personenwagen.
Parkeisenbahn Vatterode
Für das Naherholungszentrum am Vatteröder Teich schufen die Bahnwerkstatt und die Werksbahn des Mansfeldkombinates 1967 in nur 6-wöchiger Bauzeit eine ca. 3 km lange Pioniereisenbahn, ein lang gehegter Wunsch der dort Erholung suchenden Kinder ging in Erfüllung.
Die Bahn mit einer Spurweite von 500 mm verbindet die Ortschaft Vatterode mit dem nahe gelegenen ehemaligen Erholungszentrum am Vatteröder Teich. Das rollende Material, u.a. zwei Akkumulator-Lokomotiven, war ursprünglich im Bergbau eingesetzt gewesen und wurde für den Betrieb der Parkeisenbahn umgebaut. So entstanden beispielsweise aus gebrauchsfähigen Untertage-Mannschaftswagen 8 achtsitzige offene Personenwagen.
Rübelandbahn
Die Rübelandbahn von Blankenburg über Rübeland nach Tanne wurde für den Transport großer Kalkmengen von der Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn ab 1880 gebaut und 1886 fertiggestellt. Bis zur Verstaatlichung 1950 trug sie die Bezeichnung Harzbahn. Als Besonderheit in der Streckenführung besitzt sie eine Spitzkehre.
Die steilsten Abschnitte der ca. 30 km langen Strecke wurden mit einer Zahnstange des Systems Abt versehen. Der Schweizer Ingenieur, Erbauer der Rigi-Bahn, setzte diese Technik erstmals hier ein. So entstand weltweit die erste angewandte Kombination aus Reibungs- und Zahnradbetrieb, wofür eigens konstruierte Dampflokomotiven zum Einsatz kamen. Auf Grund der geringen Geschwindigkeiten in den Zahnstangenabschnitten kam der Betrieb bald an seine Kapazitätsgrenze. So wurde ein Teilabschnitt der Strecke neu trassiert, parallel dazu leistungsfähigere Dampflokomotiven beschafft, so dass ab den 1920er Jahren auf den Zahnradbetrieb verzichtet werden konnte.
Zwischen 1960 und 1965 wurde die Rübelandbahn elektrifiziert, um wiederum die Leistungsfähigkeit für den Transport des um Rübeland abgebauten Kalks zu erhöhen. Der Personenverkehr ging immer weiter zurück und wurde 2005 gänzlich abbestellt. 2006 übernahmen die Fels-Werke GmbH die Strecke. Seitdem erbringt die Havelländische Eisenbahn GmbH den Güterverkehr.
Das Land Sachsen-Anhalt dachte für einen langfristigen Erhalt der Strecke über die Förderung touristischer Verkehre nach. So wurde 2010 die Instandsetzung der Dampflokomotive 95 027, die von 1950 bis 1969 in Blankenburg beheimatet war und neben der Dampflokbaureihe der so genannten Tierklasse eine Vertreterin der Baureihe ist, die in den 1920er Jahren die Aufgabe des Zahnradbetriebes ermöglichte, durchgeführt. Seitdem wird sie zu regelmäßigen Sonderfahrten zwischen Blankenburg und Rübeland eingesetzt.
Selketalbahn
Die Selketalbahn mit einer Spurweite von 1000 mm ist die älteste Schmalspurbahn des Harzes. Die Strecke Gernrode-Mägdesprung der Gernrode-Harzgeroder Eisenbahngesellschaft (GHE) wurde nach einer Bauzeit von einem knappen Jahr am 7. August 1887 eröffnet. Das Streckennetz der GHE wurde schrittweise bis Hasselfelde erweitert. Mit dem Bau des Streckenabschnitts Stiege – Eisfelder Talmühle bestand ab 1905 der Anschluss an die Harzquerbahn der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft (NWE). Zu dieser Zeit waren 6 Dampflokomotiven im Einsatz.
Nach dem 2. Weltkrieg verblieben lediglich die Abschnitte Hasselfelde – Eisfelder Talmühle und Straßberg – Herzogschacht, das restliche Gleismaterial sowie ein Großteil der Fahrzeuge wurden durch die Sowjetunion als Reparationsleistung eingezogen. Im Jahre 1946 wurde die GHE enteignet und am 1. April von der Deutschen Reichsbahn übernommen. Auf Grund eines Güterverkehrbedarfs wurde bis 1950 der Abschnitt Straßberg – Gernrode wieder aufgebaut, 33 Jahre später der Abschnitt Straßberg – Stiege.
Am 1. Februar 1993 übernahmen die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) neben der Harzquer- und Brockenbahn auch die Selketalbahn. Zu der Streckenlänge von ca. 55 km kam ab 2006 der durch Umspurung von Regel- auf Schmalspur hinzugekommene ca. 8,5 km lange Streckenabschnitt Quedlinburg – Gernrode.
Obwohl die Brockenbahn den größten Höhenunterschied der Harzer Schmalspurbahnen aufweist, befinden sich auf der Selketalbahn mit 1:25 die steilsten Abschnitte. Täglich kommen Triebwagen und Dampfzüge zum Einsatz, wobei die eingesetzten Dampflokomotiven größtenteils Einzelstücke sind.
Brockenbahn
Die 19 km lange meterspurige Brockenbahn führt von Drei Annen Hohne auf den Brocken und ist Teil der Harzer Schmalspurbahnen (HSB GmbH). Sie überwindet einen Höhenunterschied von 583 m. Mit 1125 m Höhe ist der Brockenbahnhof der höchste Schmalspurbahnhof Deutschlands.
Bereits 1869 gab es Pläne zum Bau der Brockenbahn, aber erst 29 Jahre später erfolgte die Eröffnung. Ab 1950 fuhren auch im Winter Züge bis zum Brocken, bis dahin nur von April bis Oktober. Am 14. August 1961 wurde der Personenverkehr eingestellt, der Brocken war bereits 9 Jahre zuvor zum Sperrgebiet erklärt worden. Noch bis 1988 fuhren Güterzüge zur Versorgung der Grenztruppen und dort stationierter Soldaten der Sowjetunion.
Nach der politischen Wende war eine Wiederaufnahme des Betriebes fraglich, durch vereinte Anstrengungen von Eisenbahnfreunden und Politikern konnte die Strecke am 15. September 1991 feierlich wiedereröffnet werden.
Auf der Brockenbahn kommen im Regelverkehr die so genannten Neubaudampflokomotiven des ehemaligen VEB “Karl Marx” zum Einsatz. Sie wurden Ende der 1950-er Jahre im Auftrag der Deutschen Reichsbahn in Potsdam – Babelsberg gebaut.