Autor: Dr. Werner Dietrich
Zu Beginn der 1960er Jahre begann sich ein Ende des flächendeckenden Verkehrs abzuzeichnen. Zunächst stellte die Deutsche Reichsbahn am 29. September 1962 auf der Stichbahn nach Friedeburg den Personenverkehr ein. Noch erfolgte keine Demontage der – zum Teil verschlissenen – Gleise, denn die Nationale Volksarmee maß der Friedeburger Schiene strategische Bedeutung bei. Im Verteidigungsfall sollte sie über eine Pontonbrücke und Gleisverbindung mit der auf der anderen Saaleseite liegenden Strecke Könnern – Rothenburg verbunden werden. Als der Oberbau dann völlig verfault war, mussten die Militärs der Gesamtstillegung zum 31. Dezember 1973 zustimmen. Fünf Monate später waren die Gleise abgebaut. Einige Zeit nach Einstellung der Friedeburger Stichbahn geriet auch die Stammstrecke Halle – Hettstedt in den Fokus von Stillegungsplänen, die damals – oft ohne wirtschaftlich nachvollziehbare Not – für das Nebenbahnnetz Konjunktur hatten. Außerdem stand die Streckenführung vom Klaustorbahnhof nach Nietleben den sozialistischen Großstadtplanern im Wege. An gleicher Stelle gedachten sie die Trabantenstadt Halle-West (später Halle-Neustadt) mit ihren – an Autobahnen erinnernde – Zubringerstraßen zu errichten. Damit war das Schicksal der dortigen Bahnanlagen besiegelt.
Die Bauarbeiten am Neubaumoloch waren mittlerweile in vollem Gange, als am 11. März 1968 der letzte Reisezug vom Klaustorbahnhof nach Hettstedt dampfte. Der Güterverkehr zwischen Halle und Nietleben endete am 28. September 1968. Bagger und Raupen beseitigten binnen weniger Wochen die Gleise und Anlagen ehemaligen H.H.E. im Westen von Halle. Das Emfangsgebäude des Klaustorbahnhofs fiel den Abrissbirnen am 25. März 1969 zum Opfer. Mit ihm verschwanden die Gleise zur Hafenbahn.
Zur Anbindung der neuen – auch als Chemiearbeiterstadt bezeichneten – Plattensiedlung an die Eisenbahn baute die Deutsche Reichsbahn die lange geforderte Umgehungsbahn vom und zum Halleschen Hauptbahnhof. Die Neubaustrecke zweigte von. der Strecke Halle-Kassel ab, durchschnitt – teils untertunnelt – die Plattenstadt und vereinigte sich in Nietleben mit den Gleisen der ehemaligen H.H.E. Am 28. September 1969 wurde sie als S-Bahn eröffnet und bis 1971 nach Halle-Dölau ausgedehnt. Über diese Strecke verkehrten nun auch Güterzüge nach Schochwitz und Heiligental. 1970 stellte die Reichsbahn den Güterverkehr zwischen Schochwitz und Polleben ein. Die letzten Güterzüge aus Polleben gelangten 1974 nach Heiligenthal. Nicht lange darauf waren die Gleise abgebaut. Für knapp zwei Jahrzehnte verblieb noch ein mehr oder minder spärlicher Güterverkehr von und nach Schochwitz, bis am 1. Juni 1993 das Reststück Halle-Dölau – Schochwitz offiziell still gelegt wurde.
Indes verkehrsreicher gestalteten sich über viele Jahre hinweg die Verhältnisse auf den Abschnitt Heiligenthal – Gerbstedt – Hettstedt. Lange bestimmten hier weiter die Pendler den Personenverkehr. Angeschlossene Betriebe sorgten für einen regen Güterverkehr. Doch mit dem Niedergang der Wirtschaft und der folgenden Deindustrialisierung des Mansfelder Landes nach 1989/1990 brach auch auf dieser Strecke der Verkehr völlig zusammen.
Güterzüge verkehrten ohnehin nur noch nach Bedarf. Letztlich musste der Güterverkehr zum Jahresende 1994 gänzlich aufgegeben werden. Ebenso vermochte auch die Mansfelder Kreisbahn, die zuletzt im Auftrage der Deutsche Bahn AG den Personenverkehr mit Triebwagen aufrechterhielt, das Ende nicht abzuwenden. Den Schlusspunkt setzte der letzte Zug zwischen Gerbstedt und Hettstedt am 28. September 2002. Schon Wochen vorher, am 1. August, hatte die Deutsche Bahn den S-Bahn Verkehr auf dem Streckenabschnitt Halle-Nietleben – Halle-Dölau aus dem Fahrplan gestrichen.